Geschichte der Gemeinde Erbes-Büdesheim

Erbes-Büdesheim und seine packende Vergangenheit

von Karl Müller

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... Besondere Aufmerksamkeit erregt Erbes-Büdesheim allein schon dadurch, dass es zwei Burgen besaß, das Weiße Schloss im Süden und die Blaue Burg im Nordwesten. Das Weiße Schloss im Süden mit seinen bis heute 32 Besitzern, wurde bereits vor 1354 erbaut und damals bewohnt von dem aus Fürfeld stammenden Ritter Dietz Birkenfelder, danach lange Zeit von der Familie der Herren von Morsheim (= Morschheim). Die Blaue Burg im Nordwesten zwischen dem Ende der Pankratiushofstraße und der Grabengasse, von der heute nur noch zwei Turmtorsos vorhanden sind, wurde vor 1488 errichtet und sehr wahrscheinlich 1504 im Pfälzisch-Bayerischen Erbfolgekrieg zerstört. Die Gewann "Das blaue Schloss" am Westende der Niedergasse gehörte sozusagen als Burgzwinger zu der Blauen Burg. Im Bereich dieses "Blauen Schlosses" gab es 1590 ein Gefängnis, das zuvor 1533 - 1560 als "Stock" bezeichnet wurde. Die Untere Kirchgasse wurde auch "Hundsgasse" genannt, nach dem "Hundo", einem Gefängnisbeamten, der den im Westen des Dorfes Inhaftierten eben durch die "Hundsgasse" hindurch zum Galgen im Osten des Dorfes begleitet haben mochte.

Um Erbes-Büdesheim herum lagen drei untergegangene Dörfchen, deren Gemarkungen später in der Erbes-Büdesheimer Gemarkung aufgegangen sind. Aulheim im Norden, Eyche im Nordwesten und Riede (auch Rode genannt) im Westen. Aulheim besaß eine Nikolauskapelle und zwei heute noch existierende Mühlen, Eyche eine Kirche, in der die Katholiken von Nack im Mittelalter eingepfarrt waren, die also vom Eycher Priester seelsorgerisch betreut wurden, und von Riede kennt man noch die Namen von Gebäuden, Grundstücken und sogar von zwei Einwohnern.

Das Dorf Nack selbst wird 1304 erstmals urkundlich erwähnt. Es besaß zwei bekannte Höfe, den Antoniterhof (auch Thöngeshof, Pfalzhof genannt) und den Hunolsteiner Hof, der dem Vogt von Hunolstein gehörte und eine abgesteinte Mark bildete, also nicht der Nacker Obrigkeit unterstand. Im Südwesten des Dorfes lag das Quecksilber-Bergwerk "Karlsgrube" (auch "Karlsglück" genannt), in dem im Jahre 1774 noch 355 Pfund Quecksilber gewonnen wurden. Obwohl Nack bis 1821 als Teil Erbes-Büdesheims galt und erst 1822 politisch selbständig wurde und Bürgermeister erhielt, besaß der Ort doch bereits im 18. Jahrhundert Schultheißen.

Die Michaelskirche von Erbes-Büdesheim hieß 1431 plötzlich "Bartholomäuskirche". Durch die Reformation, die fast ganz Deutschland seinerzeit erfasste, wurde das Dorf um 1559 herum geschlossen evangelisch, zuerst lutherisch, dann ab 1598 reformiert. Kirche, Pfarrhaus und Schule gehörten damit der evangelischen Gemeinde. Erst infolge des 30jährigen Krieges und in der Zeit der neuen Bevölkerungsansiedlung nach diesem Krieg seit 1648 zogen nicht nur Evangelische, sondern auch wieder Katholiken ins Dorf. Die römisch-katholische Gemeinde wurde erst 1686 durch den Pfarrer Christoph Lautenbach neu gegründet. Infolge der Pfälzer Kirchenteilung von 1706 ging die vorhandene Kirche samt Pfarrhaus und Schule in den Besitz der katholischen Gemeinde über. Da sie sich jedoch bald als baufällig erwies, musste zum Bau der neuen katholischen Kirche geschritten werden, der von 1736 - 1745 durch den bekannten Baumeister Caspar Valerius erfolgte. Die reformierte Gemeinde hielt ihre Gottesdienste von 1707 - 1734 im Rathaus, während ihre Kirche 1734 - 1735 unter dem Ensheimer Pfarrer Johann Christoph Steymann errichtet wurde. Da der evangelische Pfarrer seit 1697 nicht mehr in Erbes-Büdesheim wohnen konnte, zog er nach Ensheim und betreute die evangelische Gemeinde Erbes-Büdesheim mit Nack von Ensheim aus, so dass zwischen Erbes-Büdesheim und Ensheim damals eine - inzwischen fast vergessene - feste Beziehung entstand, zu mindestens im evangelisch-kirchlichen Bereich Es gab 1701 - 1748 eine kleine Mennonitengemeinde in Erbes-Büdesheim, die ihre Gottesdienste im Weißen Schloss hielt, ein Zeichen der ökumenischen, toleranten Haltung der damaligen reformierten Schlossbesitzerfamilien von Rochow (bis 1729) und de la Roche (1729 - 1788), einer Hugenottenfamilie. Ebenso besaß Erbes-Büdesheim auch eine kleine israelitische Gemeinde, und zwar wohl bereits im 16. Jahrhundert. Diese hatte im 18. Jahrhundert einen kleinen Friedhof im südlichen Teil des "Blauen Schlosses" und seit 1840 einen neuen Friedhof im Nordosten des Dorfes. Auch ein Synagogenraum war in der Niedergasse vorhanden. ...